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Villa La Roche (1923-1924)

Die Villa La Roche befindet sich am Ende einer Seitenstraße der Rue du Dr Blanche mitten in einem Wohnviertel in Paris.
Wir besuchten Sie im Rahmen einer Paris-Exkursion im Sommersemester 2019. Eigentlich heisst das gesamte Gebäude "Maisons La Roche et Jeanneret". Diese Bezeichnung resultiert daraus, dass neben dem großzügigen hinteren Teil, welcher für den Kunstsammler Raoul Albert La Roche konzipiert worden war, im etwas zurückhaltenden vorderen Teil Le Corbusiers Bruder Albert Jeanneret mit seiner Familie wohnte. Heute ist der Teil der Familie Jeanneret der Sitz der "Fondation Le Corbusier" und öffentlich nicht zugänglich.

Form und Funktion

Die im Grundriss ablesbare L-Form des Gebäudes lässt den Besucher am Ende der Straße bereits zwei sehr unterschiedliche Ansichten des Gebäudes wahrnehmen. Frontal schaut man auf ein konvex gekrümmtes, auf Pilotis gestütztes Volumen. Auf der rechten Seite erblickt man eine große verglaste Fläche über einer relativ unscheinbaren schwarzen Tür. Überschreitet man die Schwelle, gelangt man in einen ersteinmal sonderbar wirkenden Raum. Man starrt erstmal auf eine sich über mehrere Geschosse erstreckende weisse Wand. Zur Linken und Rechten erstrecken sich etwas versteckt zwei Treppen, welche in die oberen Geschosse führen. Prägnant ist der kleine Balkon, welcher sich auf der Linken Seite in das Blickfeld schiebt. Die Eingangshalle erinnert eher an eine Art Außenraum. Steht man in der Raummitte, so befindet man sich direkt in der Kommunikationszone des Hauses. Über dem Eingang befindet sich rückseitig eine riesige verglaste Fläche, welche Außen- und Innenraum miteinander verschmelzen lässt. Generell ist das Gebäude in eine öffentliche und private Hälfte geteilt. Steht man im ersten Obergeschoss über dem Eingangsbereich, kann man quasi das ganze Gebäude sehen. Hier laufen alle Nutzungen und Funktionen zusammen.

5 Punkte

Im auf Pilotis schwebenden Gebäudeteil befindet sich das Herzstück, für den Auftraggeber der wichtigste Raum des Gebäudes: die Gemäldegalerie. Hier stellte Monsieur La Roche seine gesammelten Kunstwerke aus, um sie seinen Gästen zu präsentieren. Belichtet wird sie mittels zwei Fensterbändern am oberen Abschluss der beiden Längsseiten. In diesem zweigeschossen Volumen, nutzt Le Corbusier eine Rampe zur Erschließung der oberen Leseräume, um dem Betrachter einen neuen Blickwinkel und Betrachterstandort zu ermöglichen. Hier wird, über die Bücherregale hinweg, erneut der Blick in die Eingangshalle und auf die Erschließungszone der privateren Räume ermöglicht. Durch sein Prinzip der "promenade architecturale" schafft es Le Corbusier den Besucher dazu zu animieren sich durch das Gebäude treiben zu lassen und dabei jeden Winkel zu erkunden. Verglasungen und räumliche Bezüge erschaffen ein stetiges, sich ausdehnendes Raumkontinuum.

Licht, Luft, Sonne

Die Räume der privaten Zone des Wohnhauses sind relativ klein und eher funktional gehalten. Der Fokus des Gebäudes liegt eindeutig auf der öffentlichen Gemäldegalerie. Oberhalb der privaten Räume befindet sich als krönender Abschluss der Dachgarten. Hier findet die einzige Verbindung zwischen den beiden Wohneinheiten des Gebäudekomplexes statt. Er erlaubt einen ganz neuen Standpunkt der Betrachtung des Gebäudes, hier lässt sich die gesamte Szenerie überblicken.
Bei diesem Werk Le Corbusiers wird deutlich, dass es oft der Raum dazwischen ist, welcher seine Faszination ausmacht. Die unterschiedlichen Beziehungen und Wege, die ständige Auseinandersetzungen mit dem Raum und schließlich sich selbst machen ihn zu einem besonderen Ort.